Wir erhielten die Gelegenheit, indische Fahrkünste zu bewundern, als wir einen der lokalen Busse nach Margao nahmen- von wo aus unser Nachtbus starten sollte.
Die Fahrt dauerte zwar nur 1,5 Stunden, aber es gab bestimmt mindestens zehn verschiedene Situationen, welche tödlich hätten enden können. Vielleicht sind wir ein wenig überängstlich geworden seit unserem Autounfall in der namibischen Wüste, oder vielleicht folgen einige indische Chauffeure auch einfach dem Motto «No risk, No fun».
Wie auch immer, für uns war es nicht besonders witzig und bestimmt auch nicht für die Fahrer der Autos, welche beim Überholmanöver unseres Fahrers von der Strasse gedrängt wurden. Offenbar regiert hier das Gesetz des Stärkeren auf der Strasse und wenn man einen Bus fährt, hat man schon mal nichts zu befürchten. Einfach hupen, wenn du überholen willst, selbst wenn ein Dutzend Autos entgegenkommen. Die können ja schliesslich ausweichen…
Jedenfalls überlebten wir die Fahrt ohne Herzinfarkt und erreichten Margao. Unser Bus war aber nicht dort und wir warteten ein paar Stunden, bis uns schliesslich mitgeteilt wurde, wir sollten in einen anderen Bus steigen, welcher uns offenbar zu unserem Nachtbus bringen sollte.
Das tat er auch, auch wenn dazwischen offenbar einige Missverständnisse auftauchten und er ein paar Mal die Richtung wechselte.
Als wir schliesslich in unserem Kajüten Bett im Bus lagen, streckten wir unsere Glieder und konnten ein wenig schlafen, bevor wir Hospet mitten in der Nacht erreichten.
Hospet war aber nicht unser Ziel, also nahmen wir ein Rikscha nach Hampi.
Es war bereits 1:30 Uhr, als unser Rikscha Fahrer, Aki, sich seinen Weg durch ein Labyrinth von sich windenden Gassen suchte, vorbei an kleinen, sandfarbenen Steinhäusern mit flachen Dächern und Treppen oder Leitern, welche dort raufführen. Das erste, jedoch, was uns ins Auge fiel, war der grosse Tempel beim Stadttor von Hampi, welcher nachts beleuchtet wird und in warmen Orange- und Gelbtönen erstrahlte.
Die Stadt schlief tief, die Fenster der Häuser waren dunkel, ihre Besitzer am Träumen. Einige Hunde und Menschen schliefen draussen auf der Strasse, die Menschen zugedeckt mit bunten Stoffen, die Hunde mit ihrem Fell. Niemand musste aber in dieser Nacht gewärmt werden, da die Wärme der Nacht auf einen zuvor sehr heissen Tag schliessen liess.
Unser Guesthouse war leer, als wir ankamen und wir brauchten eine Weile, bis wir kapierten, dass der Besitzer ein Zimmer für uns vorbereitet und offengelassen hatte. Als wir endlich verstanden hatten, bezogen wir das Zimmer sofort und liessen uns ins Bett fallen, wo wir schnell einschliefen.
Die Hitze des Tages weckte uns mittags wieder auf und wir waren nassgeschwitzt und erwachten in einer Sauna.
Unsere Bäuche waren leer und wir wollten die Stadt erkunden, vor allem die Restaurants. Da Hampi sehr religiös ist, hatten wir gelesen, dass es hier kein Fleisch gibt und das klang schon mal sehr vielversprechend. Je mehr vegetarisches Essen ein Ort hat, desto mehr vegane Optionen sind für gewöhnlich erhältlich.
Und Hampi hat definitiv mehr als genug Restaurants! Wir spazierten zum Mango Tree, liessen unsere Flip Flops am Eingang (etwas, das uns an Thailand erinnerte) und liessen uns nieder auf den Kissen und Matratzen auf dem Boden. Die Wände waren bedeckt mit bunten Wandteppichen und Stoffen, welche Bilder von Ganesh oder Shiva oder… Bob Marley, mit einem Joint zwischen den Lippen zeigten.
Da sich die Kellner Touristen gewohnt waren, sprachen sie sehr gut Englisch und konnten uns Auskunft darüber geben, welche Milch-freien Optionen sie zu bieten hatten. Anders als in Goa, wurde hier auch viel Israelisches Essen serviert und wir entschieden uns für Falafel mit Hummus :-)
Nach dem Essen spazierten wir noch etwas weiter durch die kleine Stadt und bewunderten die Märkte mit den funkelnden, goldenen Schmuckstücken und den bunt gemusterten Stoffen.
Natürlich wollten wir uns den grossen Tempel bei Tageslicht ansehen, aber es war unglaublich heiss und nachdem wir unsere Schuhe beim Eingang des Tempels gelassen hatten, verbrannten wir unsere Füsse auf den heissen Steinen. Es hatte zwar Teppiche, aber diese führten nicht überall hin, wo wir hinwollten.
Ein Tempelelefant mit angemaltem Kopf ass Heu unter einem der Steindächer und war sich scheinbar den Besuch von Menschen gewohnt. Er tat uns leid. Er war angekettet und in einen kleinen Raum zwischen Steinsäulen gequetscht- und abgesehen vom täglichen, frühmorgendlichen Bad im Fluss hat er wohl nicht besonders viel Beschäftigung.
Nachdem wir unseren Besuch im Tempel abgeschlossen hatten, spazierten wir noch den Hügel hoch, wo alte Steinruinen aus antiken Zeiten türmten.
Es war 38 Grad im Schatten und wir waren bald zu müde zum Herumlaufen und da wir auch kein Wasser mehr hatten, beschlossen wir, ein Restaurant aufzusuchen.
Wir wollten am Abend ein Timelapse der untergehenden Sonne vom Hügel aus machen, aber wir verrechneten uns und als wir wieder dort ankamen, war die Sonne bereits ein feuriger Ball am Horizont und drohte, hinter einer Bergkette zu verschwinden.
Wir genossen die Aussicht trotzdem und machten ein kurzes Timelapse, bevor uns Einheimische fragten, ob sie Fotos mit uns machen konnten. Schliesslich jagte ein Wächter alle Leute davon, weil der Hügel nachts geschlossen wird.
Wir beschlossen also, am nächsten Tag etwas früher zu kommen.
Am nächsten Tag war es genauso heiss und wir genossen den Schatten in einem der Dachrestaurants, während wir Game of Thrones lasen und Ananassaft tranken, bis es Zeit wurde für den Sonnenuntergang.
Wir fanden ein super Plätzchen auf einem grossen Fels, wo wir uns hinsetzten und zurücklehnten- aber nur kurz, da wir bald darauf von Sicherheitsmännern aufgefordert wurden, runterzuklettern. Wir dachten es sei wohl verboten, auf den Felsen zu sitzen, aber wie sich herausstellte, gefiel den Sicherheitsmännern das Stativ unserer Kamera nicht. Wir waren ein Bisschen verwirrt und verstanden nicht genau, was das Problem war, aber tatsächlich: Es war verboten mit einem Stativ zu fotografieren.
Wahrscheinlich will sich die Regierung alle Rechte an professionellen Fotos sichern. Tja…
So nahmen wir halt einfach unser kleines Stativ, setzten die GoPro drauf und versteckten das Ganze hinter einem Felsen. Von dort aus wurden die Aufnahmen aber nicht so toll, da leider Stromkabel, welche zwischen den Tempelruinen gespannt sind, ins Bild hingen.
Es hatte Dutzende Affen, welche einander hinterherjagten, zwischen Säulen hindurch und über Felsen. Wir beobachteten sie eine Weile, bis einer von ihnen versuchte, Nici eine Wasserflasche an den Kopf zu werfen.
Am dritten Tag in Hampi fragten wir Aki, ob er uns eine Rikscha Tour durch die Gegend geben würde. Er tat es und wir sahen noch mehr Tempel, mehr Ruinen, Statuen von Göttinnen und das Badehaus der Königin, aber schon bald waren wir hungrig und ehrlich gesagt hatten wir irgendwann genug gesehen, also gingen wir zurück und relaxten.
Da uns die Tempel und Ruinen langsam langweilig wurden, verbrachten wir unseren letzten Tag in Hampi gut geschützt von der Sonne in Ravi’s Rose Rooftop Restaurant, wo wir günstiges und leckeres Essen genossen und lasen und schrieben.
Aki, unser treuer Rikscha Fahrer, fuhr uns schliesslich am Abend zum Bahnhof in Hospet. Wir verabschiedeten uns vom heiligen Hampi und warteten voller Vorfreude auf unsere erste Zugfahrt in Indien…